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Unsere Kunden sollen sich bestens betreut und beraten fühlen, daher informieren wir Sie hier über die neueste, höchrichterliche Rechtsprechung in Sachen „Wohnungseigentumsgesetz“.

Aber bitte bedenken Sie: Zum einen liegt jedem Urteil ein Einzelfall zugrunde, so dass der Tenor eines Urteils nicht zwangsläufig einen Anspruch auf Allgemeingültigkeit besitzt. Zum anderen können wir die teils sehr umfangreichen Urteile hier nur stark verkürzt wiedergeben, deswegen finden Sie am Ende eines jeden Beitrages die Quellenangabe, so dass Interessierte das jeweilige Urteil komplett nachlesen können.

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Bitter & Co. Immobilienmanagement

Entziehung des Wohnungseigentums bei Bruchteilseigentum

Wohnungseigentum in Bruchteilseigentum kann insgesamt entzogen werden, wenn auch nur einer der Miteigentümer einen Entziehungstatbestand nach §18 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 WEG verwirklicht. Der nicht störende Miteigentümer ist aber entsprechend § 19 Abs. 2 WEG berechtigt, die Wirkungen des Entziehungsurteils bis zur Erteilung des Zuschlags dadurch abzuwenden, dass er den Miteigentumsanteil des störenden Miteigentümers selbst erwirbt, den störenden Miteigentümer dauerhaft und einschränkungslos aus der Wohnanlage entfernt und dass er der Wohnungseigentümergemeinschaft alle Kosten ersetzt, die dieser durch die Führung des Entziehungsrechtsstreits und die Durchführung eines Zwangsversteigerungsverfahrens zur Durchsetzung des Entziehungsanspruchs entstanden sind

Der Bundesgerichtshof, Urteil vom 14. September 2018-V ZR 138/17

Sogenannter „Geburtsfehler“ kann Ansruch auf Änderung der Teilungserklärung bedingen

Ein Anspruch auf Änderung der Gemeinschaftsordnung nach § 10 Abs. 2 Satz3 WEG setzt nicht voraus, dass sich tatsächliche oder rechtliche Umstände nachträglich verändert haben; er kommt auch in Betracht, wenn Regelungen der Gemeinschaftsordnung von Anfang an verfehlt oder sonst unbillig waren (sog. Geburtsfehler).

Mit der Kodifizierung des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG sind die Hürden an die Anpassung der Gemeinschaftsordnung bewusst abgesenkt worden, indem nunmehr „schwerwiegende Gründe“ und nicht mehr -wie es früher in der Rechtsprechung vertreten wurde -„außergewöhnliche Umstände“ vorausgesetzt werden (vgl. BT-Drucks. 16/887 S.18 f.; Senat, Urteil vom 15.Januar2010 -V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn.30; Urteil vom 23.März2018 -V ZR 307/16, NJW-RR 2018, 1227 Rn. 12). Ein Anspruch auf Änderung der Gemeinschaftsordnung nach § 10 Abs. 2 Satz3 WEG setzt nicht voraus, dass sich tatsächliche oder rechtliche Umstände nachträglich verändert haben; er kommt auch in Betracht, wenn Regelungen der Gemeinschaftsord-nung von Anfang an verfehlt oder sonst unbillig waren (sog. Geburtsfehler). Denn der Gesetzgeber wollte mit dieser Vorschrift auch Fälle erfassen, in de-nen eine verfehlte Regelung in der Gemeinschaftsordnung von Anfang an bestand und erkennbar war oder sogar erkannt worden ist (vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 19). Die Behebung derartiger -auch bewusster- „Geburtsfehler“ einer Ge-meinschaftsordnung oder Teilungserklärung zu ermöglichen, ist ein wesentliches Anliegen des Gesetzgebers (vgl. auch Bärmann/Suilmann, WEG, 14.Aufl., § 10 Rn. 156; BeckOK WEG/Müller [1.9. 2018], § 10 Rn.301).

Allerdings liegen schwerwiegende Gründe nur vor, wenn die aufgrund der verlangten Änderung der Zweckbestimmung mögliche Nutzung nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zulässig ist. Dabei kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Errichtung oder einer späteren baulichen Veränderung an. Entscheidend ist allein der Zeitpunkt des Änderungsverlangens. § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG kommt auch dann zum Tragen, wenn die (verfehlte) Regelung in der Gemeinschaftsordnung eine nach öffentlich-rechtlichem Baurecht unzulässige Nutzung verschleiern sollte, diese Nutzung aber zwischenzeitlich genehmigungsfähig geworden ist. Schließlich muss die nach der bestehenden Zweckbestimmung zu-lässige Nutzung zu einer erheblichen Einschränkung der wirtschaftlichen Verwertung der betroffenen Einheit führen, die durch die Änderung der Zweckbestimmung behoben werden kann. Liegen danach schwerwiegende Gründe vor, ist zu klären, welche Interessen aus Sicht der übrigen Wohnungseigentümer gegen die geforderte Anpassung der Gemeinschaftsordnung sprechen. Das abstrakte Vertrauen der übrigen Wohnungseigentümer auf die Einhaltung der Gemeinschaftsordnung kann allerdings nicht dazu führen, die Unbilligkeit zu verneinen. Das abstrakte Vertrauen auf die Gemeinschaftsordnung muss stets überwunden werden, wenn ein Anpassungsanspruch geltend gemacht wird. Der Bedeutung des Vertrauens auf den Bestand der Gemeinschaftsordnung trägt das Gesetz bereits dadurch Rechnung, dass ein Änderungsanspruch nur dann in Betracht kommt, wenn schwerwiegende Gründe gegen das Festhalten an der geltenden Regelung sprechen.Es müssen daher konkrete, über das rein formale Interesse an der Einhaltung der Gemeinschaftsordnung hinausgehende Interessen der übrigen Wohnungseigentümer gegen die Anpassung sprechen (vgl. Senat, Urteil vom 23. März 2018-V ZR 307/16, NJW-RR 2018, 1227 Rn. 13).

Quelle: Der Bundesgerichtshof, Urteil vom 22. März 2019 -V ZR 298/16

Anfechtung der Beiratswahl hat einen Wert von 750 Euro

Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigentümers, der erfolglos einen Beschluss über die Bestellung des Verwaltungsbeirats angefochten hat, ist in aller Regel auf 750 € zu schätzen.

Das Interesse an einerweiteren vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeirat ist aber für die Rechtsmittelbeschwer des die Wahl des Verwaltungsbeiratsanfechtenden Wohnungseigentümers anders als bei dessen Entlastung nicht der zutreffende Bezugspunkt. Mit der Entlastung des Verwaltungsbeirats ist regelmäßig die Folge eines negativen Schuldanerkenntnisses (§ 397 Abs. 2 BGB) der Wohnungseigentümer verbunden. Sie dient zudem dazu, die Grundlage für die weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Zukunft zu legen (vgl. Senat, Beschluss vom 17.Juli 2003 -V ZB 11/03, BGHZ 156, 19, 25ff.; Beschluss vom 31. März 2011 -V ZB 236/10, NJW-RR 2011, 1026 Rn.10).

Daraus rechtfertigt sich die Berücksichtigung dieser Gesichts-punkte bei der Ermittlung der Rechtsmittelbeschwer. Bestellungs-und Abberufungsbeschlüsse sind demgegenüber auf die unmittelbare Begründung bzw. Aufhebung wohnungseigentumsrechtlicher Be-fugnisse und Pflichten gerichtet(vgl. Senat, Beschluss vom 20. Juni 2002 -VZB39/01, BGHZ 151, 164, 171).Mit dem Bestellungsbeschluss der Woh-nungseigentümerund der Bereitschaft des Bestellten zur Übernahme des Am-tes(vgl. Senat, Urteil vom 5.Februar 2010 -V ZR 126/09, ZWE 2010, 215)wird die Rechtsstellung als Mitglied des Verwaltungsbeirats begründet. DenBestell-ten treffen dann die Organpflichten und -rechte. Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigen-tümers, der erfolglos einen Beschluss über die Bestellung der Mitglieder desVerwaltungsbeirats angefochten hat, ist in aller Regel auf 750€ zu schätzen (§ 3 ZPO). Es übersteigt damit das Interesse an einer künftigen vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Verwaltungsbeiratum 50% und trägt mit der Anhebung des Betragesder Begründung der Organstellung des Verwaltungsbeirats Rechnung.

Andererseits berücksichtigt die Schätzung die lediglich unterstützende Funktion des Beirats (vgl. § 29 Abs. 2 WEG). Dass es vorliegend an einer Mindestbestelldauer der Mitglieder des Verwaltungsbeirats fehlt, rechtfertigt esnicht,von einem geringeren Betrag auszugehen. Zwar weist das Berufungs-gerichtzutreffenddarauf hin, dass jederzeit eine Abberufung und Neuwahl des Verwaltungsbeirats erfolgen kann.Ist aber eine bestimmte Amtszeit nicht vorgesehen, bleibt der Verwaltungsbeirat auf unbestimmte Zeit bestehen(vgl. OLG München, NJOZ 2007, 4891, 4893 f.; BeckOK WEG/Munzig [1.9.2018], § 29 Rn. 32; BeckOGK/Greiner, [1.12.2018], § 29 Rn.16; MüKoBGB/Engelhardt, 7. Aufl., § 29 WEG Rn. 4)

Quelle: Der Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17. Januar 2019 -V ZB 121/18

Verbot der kurzzeitigen Vermietung von Eigentumswohnungen nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer möglich

Gegenstand der Entscheidung des für das Wohnungseigentumsrecht zuständigen V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die kurzzeitige Vermietung von Eigentumswohnungen (z.B. an Feriengäste) auf der Grundlage einer sogenannten Öffnungsklausel durch Mehrheitsbeschluss verboten werden kann.

Nach der bislang geltenden Gemeinschaftsordnung war die kurzzeitige Vermietung zulässig. Dienen Einheiten – wie hier – zu Wohnzwecken, ist dies nämlich als Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter anzusehen. Die zulässige Wohnnutzung umfasst, wie der Bundesgerichtshof schon im Jahr 2010 entschieden hat, auch die Vermietung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste; diese Vermietungsformen waren hier bislang sogar ausdrücklich erlaubt.

Im Ausgangspunkt erlaubt es die allgemeine Öffnungsklausel den Wohnungseigentümern zwar, solche Vereinbarungen mit qualifizierter Mehrheit zu ändern. Zum Schutz der Minderheit sind dabei aber bestimmte fundamentale inhaltliche Schranken zu beachten. Das gilt unter anderem für Beschlussgegenstände, die zwar verzichtbare, aber „mehrheitsfeste“ Rechte der Sondereigentümer betreffen. Zu diesen „mehrheitsfesten“ Rechten eines Sondereigentümers gehört die Zweckbestimmung seines Wohnungs- oder Teileigentums. Diese gibt vor, wie die Einheit zulässigerweise genutzt werden darf; deshalb hat sie aus Sicht des Sondereigentümers entscheidenden Einfluss auf den Wert seiner Einheit. Wird sie geändert oder eingeschränkt, betrifft dies die Nutzung des Sondereigentums in substanzieller Weise. Derartige Eingriffe bedürfen jedenfalls der Zustimmung des Eigentümers der Einheit, deren Zweckbestimmung geändert werden soll. Dies ergibt sich aus einer verfassungskonformen Auslegung der allgemeinen Öffnungsklausel, die dem Umstand Rechnung trägt, dass das Sondereigentum als echtes Eigentum im Sinne von § 903 BGB und Art. 14 GG ausgestaltet ist. Beispielsweise berechtigt eine solche Klausel nicht dazu, eine als Gaststätte dienende Teileigentumseinheit ohne Zustimmung des Teileigentümers mit der Zweckbestimmung Büro zu versehen, weil die Mehrheit den Gaststättenbetrieb als störend empfindet.

Auch Vermietungsverbote greifen in die Zweckbestimmung des Wohnungseigentums ein. Ein generelles (also sowohl auf kurz- als auch auf langfristige Vermietungen bezogenes) Vermietungsverbot könnte nur dann rechtmäßig sein, wenn nicht nur die aktuell vermietenden, sondern alle Wohnungseigentümer zustimmen; denn auch die Zweckbestimmung solcher Einheiten, die im Zeitpunkt der Beschlussfassung von den Eigentümern selbst genutzt werden, würde eingeschränkt, wenn eine Vermietung fortan unterbleiben müsste. Hier haben die Wohnungseigentümer zwar kein generelles, sondern ein spezielles Vermietungsverbot beschlossen, mit dem nur bestimmte, nämlich kurzzeitige Vermietungen untersagt werden. Aber auch ein solches Verbot kann nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer beschlossen werden. Denn es verengt die zuvor weite Zweckbestimmung der Einheiten und schränkt das in § 13 Abs. 1 WEG gewährleistete Recht jedes einzelnen Wohnungseigentümers, mit seinem Sondereigentum nach Belieben zu verfahren, dauerhaft in erheblicher Weise ein. Über die Nutzung des Sondereigentums darf aber soweit nichts anderes vereinbart ist – der Sondereigentümer frei entscheiden, und er darf sich darauf verlassen, dass seine auf das Sondereigentum bezogenen Nutzungsbefugnisse nicht ohne sein Zutun eingeschränkt werden. Infolgedessen dürfen auch Vermietungen von besonders kurzer Dauer oder bestimmter Art – wie etwa die Vermietung als Ferien- oder Werkswohnung – nur mit Zustimmung aller Wohnungseigentümer verboten werden; andernfalls entstünden im Übrigen erhebliche Abgrenzungs- und Wertungsprobleme.

Die Eigentumsrechte der übrigen Wohnungseigentümer werden hierdurch nicht außer Acht gelassen. Allerdings erfordern Regelungen, die – wie das Verbot der kurzzeitigen Vermietung in einer reinen Wohnungseigentumsanlage – die Zweckbestimmung aller Einheiten betreffen, eine allstimmige Beschlussfassung; diese zu erreichen, kann sich gerade in größeren Anlagen als schwierig erweisen. Den übrigen Wohnungseigentümern stehen aber ggf. andere Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung. Was die Kurzzeitvermietung angeht, müssen damit einhergehende Störungen wie Überbelegung, fortwährende Verstöße gegen die Hausordnung oder Lärmbelästigungen durch Feriengäste nicht hingenommen werden; sie können einen Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 3 WEG begründen. Solche Störungen machen die Beklagten allerdings – soweit ersichtlich – nicht geltend. Der von ihnen vornehmlich angeführte Umstand, dass die kurzzeitigen Mieter den anderen Bewohnern unbekannt sind, stellt für sich genommen keine Störung dar.

Quelle: Der Bundesgerichtshof, Pressemitteilung Nr. 047
Urteil vom 12. April 2019 – V ZR 112/18
Ausgabejahr 2019 / Erscheinungsdatum 12.04.2019